Pilgern durch das Spanien von Ignatius

Die globale Bedeutung des Konzeptes der Pilgerschaft im Geiste Ignatius ist wichtig. Sein Meisterwerk, die Exerzitien, wurde zum groβen Teil während einer Pilgerwanderung geschaffen und in seiner Autobiographie meint er nicht sich selbst, „Ignatius“, sondern den „Pilger“. Ausserdem legte er in der Verfassung des Jesuitenordens fest, dass jeder Jesuitenschüler sich auf eine Pilgerschaft begeben sollte, praktisch einzigartig in den religiösen Orden.

Obwohl die meisten wichtigen Pilgerschaften innerhalb des europäischen Christentums sich auf Ziele konzentrieren, wo es Reliquien oder religiöse Ereignisse gibt, beschreibt der Ignatius-Weg eine Strecke, die von einem echten Menschen begangen wurde. Die Pilger gehen nicht nur zu einem Ort, sondern erleben die Erfahrung von Ignatius auf seiner Reise durch Spanien.

Spanien hat aktuell ca. 45 Millionen Einwohner. Das klingt viel, aber obwohl Madrid und Barcelona sich unter den am meist bevölkerten Städten Europas befinden, ist Spanien insgesamt eines der am wenigsten besiedelten Länder Europas.

Dabei sollten wir berücksichtigen, dass das Spanien in der Zeit von Ignatius von Loyola nur sieben oder acht Millionen Einwohner hatte,  20 % der heutigen Bevölkerung. Stellen wir uns die Halbinsel mit nur 20% der heutigen Dörfer vor. Stellen wir uns nach und nach leere Landschaften vor: Weniger Häuser, Lagergebäude, Straβen und keine Licht- und Stromkabel.

Die Welt, in der Ignatius lebte, war eine ruhige Welt. Machen wir uns unsere laute Welt bewusst. Sogar die kleinen Städte sind misstönende Sinfonien aus Automotoren, hydraulischen Bremsen der Busse, Presslufthammer … Ignatius dagegen hörte vor allem den Wind, die Vögel, den Klang der Hufe seiner Reittiere und ab und zu ein Fuhrwerk.

Obgleich Spanien weniger bevölkert war, stellen wir uns Ignatius nicht als einen einsamen Pilger vor, der niemals auch nur eine Menschenseele getroffen hätte, während er durch besonders ruhige Landschaften zog. Es ist richtig, dass die Europäer im Mittelalter wenig reisten. Sie machten keine Ferien, zogen nicht um mit ihren Familien, um eine bessere Arbeitsstelle zu finden und nahmen nicht an Verkaufsveranstaltungen teil. Sie lebten vom Ertrag der Felder aus der Umgebung ihres Dorfes. Die Meisten der Zeitgenossen von Ignatius reisten niemals weiter als 20 Kilometer von zu Hause weg.

Sie reisten durch die gleichen Dörfer und wenn sie sich trafen, begannen sie wahrscheinlich über die Entfernung bis zum nächsten Dorf mit Übernachtungsmöglichkeit zu diskutieren. Sie sprachen darüber, ob der Weg Gefahren  wie Banditen mit sich bringe. Auf der anderen Seite hatte Ignatius keine Landkarte bei sich, es gab praktisch keine Wegweiser und er konnte nicht im Vorfeld anrufen, um sich über den Weg zu informieren.

Ignatius besaβ keine Uhr und nur selten wusste er, wie spät es war. Aber er brauchte jede Nacht eine Unterkunft und sicherlich war er aus diesem Grund aufmerksamer als wir es heute sind, und verfolgte täglich den Stand der Sonne, so dass er einschätzen konnte, wie viele Stunden Tageslicht ihm blieben bis zum Einbruch der Dunkelheit. Dabei müssen wir in Betracht ziehen, dass wenige Menschen sich trauten, unbekannte Wege zu gehen, in der Nacht, in einer Welt ohne Licht.

Ohne Zweifel, er nahm also Kontakt mit anderen Reisenden auf, holte Informationen über die Städte und mögliche Übernachtungsmöglichkeiten ein. Es ist merkwürdig, dass die einzige von Ignatius registrierte  Konversation mit einem Muslem geführt wurde, wenn man in Betracht zieht, dass wohl alle Menschen, denen Ignatius auf seinem Weg begegnete, katholische Christen waren. Martin Luther hatte seine erste Salve gegen die katholische Religion abgefeuert, als er 1517 die 95 Thesen  an die Tür einer Kirche in Deutschland nagelte. Und während Ignatius langsam in Richtung Montserrat wanderte, steuerte die katholische Kirche mit Vollgas in eine Krise. In weniger als einer Generation verlieβen ein Drittel ihrer Mitglieder  die Kirche, um zum Protestantismus überzutreten.

Aber von diesem Erdbeben kommt nicht einmal ein Zittern im fernen Spanien von Ignatius an. Der katholischen Tradition treu, hatte  das Land gerade die Unabhängigkeit von  der muslimischen Eroberung errungen. Während Jahrhunderten hatte Spanien  vielen Muslimen  Schutz geboten. Gleichzeitig fanden hier so viele Juden Zuflucht, wie in allen europäischen Ländern zusammen.  Aber 1492, ein Jahr nach der Geburt Ignatius, gaben Ferdinand und Isabella, die katholischen Könige,  den Juden vier Monate Zeit, um zu konvertieren oder das Land für immer zu verlassen. Viele, die konvertierten und blieben, wollten oder konnten ihr Leben in so kurzer Zeit oft nicht komplett ändern oder ihr Eigentum verkaufen und mussten also ihre ursprüngliche Religion verbergen, soweit möglich. Die Vorurteile verbreiteten sich tief. Die Spanier waren wie besessen vom Gedanken der „Reinheit des Blutes”. Die Konvertierten und ihre Nachkommen bekamen keine Arbeit mehr und und durften die meisten Priesterseminare nicht besuchen.

Mit dieser Vorgeschichte könnte man sich Ignatius vorstellen als einen Fanatiker mit engstirniger und abgesonderter Mentalität. Aber ausgehend von seinem Kontext des späten Mittelalters, entwickelte Ignatius eine Weltoffenheit, die manchmal auβergewöhnlich erscheint, sogar für die Normen des 21. Jahrhunderts. Obwohl er mitten in der militanten Feindseligkeit des rassistischen Spaniens aufwuchs, hieβ er wenig später die Konvertierten im Jesuitenorden willkommen und einmal überraschte er seine Jesuitenbrüder als er sagte, es sei ein Segen Jesuiten mit jüdischem Blut zu haben. Das heiβt, er hätte  es für ein einzigartiges Privileg gehalten, einen ethnischen Verwandten mit Jesus in seiner irdischen Familie zu haben.

Herz eines Pilgers erlangen:

Ignatius ist ein Narr Gottes, ein Mann des Glaubens, ein Kämpfer, nicht ein Mann der etablierten Elite oder der Macht. Ein “Erleuchteter” oder ein “Entflammter” wie  man ihn nennen könnte. Und mit diesem erneuerten, reinen Glauben, verwandelte sich Ignatius in den Überbringer der Nachricht und einer Methode, die die katholische Speerspitze als Antwort auf die protestantische Reform war.  Ignatius von Loyola hatte die persönliche Fähigkeit, sich niemals als solcher zu bezeichnen, sondern genau das Gegenteil. Diese Bescheidenheit war es, die den Papst dazu veranlasste,  seiner Doktrin zuzustimmen.

Mitte Februar 1523 bricht er in Barcelona auf.  Zuerst geht er nach Rom, um dort die Segnung des Papstes zu bekommen. Als er jedoch in Rom ankommt, beeindruckt ihn die Heilige Stadt, wo er das findet, was er sucht. Von dort nach Venedig und Jerusalem, aber im Heiligen Land interessiert sich keiner für ihn, bestimmt ein Erleuchteter. Zurück in Spanien ist die Entscheidung getroffen: Er will seine mystische Erfahrung weitergeben, Männer finden, die bereit sind,  so arm wie er zu leben, um das Evangelium zu predigen. Aus diesem Grund beginnt er mit dem Studium.

Ignatius bleibt zwei Jahre in Barcelona und schreibt sich dann in der Universität von Alcalá ein. Dort lernt er drei junge Männer kennen, die er von seiner Idee begeistern kann. Die kleine Gruppe erregt Aufmerksamkeit, zunächst aufgrund der Kleidung, die sie tragen: Die Studenten mit der „grauen Tunika“ beunruhigen die Inquisition. Sie werden verhaftet und der Ketzerei beschuldigt, weil sie die Exerzitien  verkündigen.

Die Exerzitien, die Ignatius im Laufe seines Lebens schrieb, waren eine Sammlung persönlicher Techniken und Erfahrungen zur Stärkung des Glaubens. Geschrieben, neu geschrieben, korrigiert und ausgehend von seinen eigenen Erfahrungen ist es ein  sonderbares Buch, auch aus zeitgenössischer Sicht. Ignatius gibt Formeln, Regeln und Anleitungen, die nach Tagen organisiert sind, um Gott so nah wie möglich zu kommen. Ignatius stellt die persönlichen, einzigartigen Erfahrungen, die Gefühle und Inspirationen vor die Grundhaltungen der Autorität der alten Meister. Gott existiert nicht nur, weil die Väter der Kirche  und die ganze Schar der  Heiligen dies beglaubigt, sagt Ignatius. Er existiert, weil ich ihn spüre, ihn sehe, ihn anfassen kann und seinen Schmerz fühlen kann. In der Einfühlungsgabe von Ignatius liegt die Kraft  der Anrufung, die Macht  der Emotion. Dies erklärt wahrscheinlich die Liebe zum „Theater” in den Ausführungen über die Orte seiner Reflexionen. Die Tatsache ist erwähnenswert: Die Jesuiten waren die Ersten, die diese Theaterkunst in ihren Schulen unterrichteten, während der Schulleiter Ignatius in früheren Jahren von der Inquisition verfolgt wurde.

Nach dem Verbot der „grauen Tuniken” in Alcalá, trägt die Studentengruppe normale Kleidung. Iñigo zieht nach Salamanca. Noch einmal wird er dort verhaftet, der Ketzerei beschuldigt und ins Gefängnis gesteckt (22 Tage). Neuerlich verbietet man ihm, in der Öffentlichkeit über Theologie zu sprechen, ohne die erforderlichen Qualifikationen zu erhalten. Es ist entschieden: Ignatius wird Theologie studieren, wenn es notwendig ist, aber hier wird seine Pilgerreise in Spanien enden.

Der nächste Schritt dann in Paris, die groβe Universitätsstadt im christlichen Eurpoa. Weit weg von Spanien pilgert er immer weiter, sogar als er sich schon dauerhaft in Rom aufhält,  ist er im Herzen immer noch ein Pilger. 

Wenn der Pilger etwas mehr über Barcelona wissen möchte:  Mehr von Barcelona + Ignatius in Barcelona. Wenn der Pilger sich für Alcalá interessiert. Oder  für Salamanca.

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